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Künstliche Intelligenz – Wird „Mensch gegen Maschine“ bald Wirklichkeit?

2023 soll das Jahr der künstlichen Intelligenz werden. Großunternehmen treiben die Entwicklung mit voran – denn die Umsatzsteigerung mit gleichzeitiger Kosteneinsparung durch KI-basierte Prozessoptimierung soll damit genau so „gedeckelt“ werden, als der Mangel an Fachkräften. Einsatzmöglichkeiten für die „Hightech super brains“ gibt es dabei en masse: von der Produktion, über Marketing bis hin zum Kundenservice und dem Personalwesen. Werden unsere Arbeitsstellen nun bald durch Maschinen ersetzt? Ist die Angst vor dem Neuen mitunter sogar berechtigt? Denn jahrelang teuer ausgebildete Experten auf gewissen Gebieten sind vielleicht bald hinfällig und somit arbeitslos. Zudem wurden wir von Filmen und Büchern, in welchen der Untergang der Welt durch intelligente Roboter vorausgesagt wird, negativ beeinflusst – und der, wenn auch surreale Gedanke, liegt uns düster im Hinterkopf. Das Auftreten der Software ChatGPT inklusive Bing Chatbot, hat den Hype um die KIs die letzten Wochen gerade zu explodieren lassen. Der Bot hat in kürzester Zeit eine Achterbahn an Gefühlen und Emotionen durchlebt – die allzu menschlichen Züge dabei sind verblüffend, oder? Wir möchten das Thema KI einmal genau analysieren – Mensch vs. Maschine, ein Blick in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Was ist künstliche Intelligenz?

Erst einmal ganz nüchtern: Was versteht man eigentlich unter einer KI? Im Grunde genommen definiert sich eine KI (auch AI, artificial intelligence genannt) als eine Anwendung, welche die menschliche Intelligenz und unser Denken und Handeln nachahmt. Das System soll bewerten, urteilen und Lösungen finden – ähnlich wie der Mensch, nur im besten Falle „fehlerfrei“.

Auch wenn sich die KI für uns noch wie „Zukunftsmusik“ anhört – die Idee, für maschinelles Denken oder auch deren Teilbereiche wie die Robotik, ist in den Köpfen der Menschen bereits vor hunderten von Jahren entstanden. Hier ein paar Beispiele dafür:

Homer Maschinenmenschen
Taube des Archytas
Wasseruhr
Theaterwagen
Leonardo da Vinci Roboter
Jacques de Vaucanson
Karakuri Ningyo
Rossum's universal robots
Metropolis
William Grey Walter

Den „Stein des Anstoßes“ gab jedoch der britische Mathematiker, Kryptoanalytiker und Informatiker Alan Turing. Sein Aufsatz „Computing Machinery and Intelligence“ beinhaltete die Frage, ob eine Maschine denken kann und inspirierte eine Vielzahl von Forschern, sich dem Thema zu widmen. Der sogenannte „Turing-Test“ ist eine Untersuchungsmethode, in welcher festgestellt werden soll, ob ein Computer zu menschlichem Denken fähig ist. Bestanden ist dieser Test nur, wenn der menschliche Gegenpart nicht erahnen kann, ob die Antwort des Gegenübers maschinell erstellt wurde oder nicht.

Nach der Entwicklung des ersten funktionsfähigen Computers (1941, Konrad Zuse), ging auch das Thema KI schnell von der Fiktion zur Wirklichkeit über. Als „Vater der künstlichen Intelligenz“ gilt der amerikanische Forscher Marvin Minsky. 1959 gründete er mit seinem Kommilitonen John McCarthy das MIT Artificial Intelligence Laboratory – welches sich bald als wichtigstes Forschungszentrum für künstliche Intelligenz etablierte.

In den 1960er Jahren entwickelten Herbert A. Simon und Allen Newell eine Software, die als „allgemeiner Problemlöser“ fungieren sollte. Die Erwartungshaltung an die künstliche Intelligenz war hoch – aber nach über 10 Jahren ohne konkrete Ergebnisse scheiterte der Versuch des „General Problem Solver“.

Doch die Rechenleistung der Computer expandierte von Jahr zu Jahr und war in den späten 90ern bereits so weit, dass sich erste große Erfolge im Bereich der KI zeigen konnten. Der von IBM entwickelte Schachcomputer „Deep Blue“ gewann am 11.05.1997 das historische Duell gegen den damals amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow.

2011 war es wieder ein Computer von IBM, der Geschichte schrieb: Am 17.02. tritt ein Großrechner, auf dem das aus dem KI-Bereich stammende Computerprogramm „Watson“ installiert ist, in der amerikanischen Quizshow „Jeopardy!“ gegen die zu der Zeit erfolgreichsten Spieler an. Das Endergebnis: Watson gewann mit einem Endstand von mehr als 3x so viel Dollar wie seine humanen Kontrahenten.

Die Software basiert dabei auf dem Ziel, eine hochwertige Suchmaschine zu erschaffen, welche Fragen, die auf natürlicher Sprache gestellt werden, sowohl erfassen als auch beantworten kann. Seit den 50er Jahren, als die KI-Forschung entstand, hat sie sich zudem in eine Reihe von Teilsegmenten gegliedert. Diese sind unter anderem:

  • Maschinelles Lernen
  • Künstliche neuronale Netze (Deep Learning)
  • Mustererkennung (wie Sprache, Handschriften, Fingerabdrücke)
  • Expertensysteme und Chatbots
  • Wissensmodellierung
  • Computer Vision (industrielle Bildverarbeitung)

KI-UniversumDie beiden dabei am häufigsten genannten Teilbereiche neben der Robotik sind wohl „Machine Learning“ (maschinelles Lernen, ML) und „Deep Learning“ (tiefes Lernen, DL). Aber, was ist der Unterschied von Machine Learning und Deep Learning?

Machine Learning

Maschinelles Lernen ist ein Teilsegment des „AI-Universums“, Deep Learning wiederum ein Bereich von Machine Learning. ML beschreibt, das Lernen auf Basis einer großen, strukturierten Datenmenge. Diese umfassen beispielsweise Algorithmen wie mathematische Methoden oder Mustererkennung. Die Daten werden nach einer hierarchischen Struktur gegliedert – was sich einfach anhört, ist dabei aber äußerst komplex und erfordert eine hohe Mathematik, herausragende Programmierungsarbeit und eine enorme technische Performance des Computers.

Durch die Datenklassifikation, Strukturen-Erkennung und Prognose-Tools funktionieren zum Beispiel Produktempfehlungen und online Werbung. Die Implementierung von KIs in Suchmaschinen sind einer der Gründe, warum die geschaltete Werbung oft so treffend ist – und uns Dinge zeigt, von denen wir noch nicht einmal wussten, dass wir sie benötigen.

Deep Learning

Dieser Bereich des ML verwendet künstlich erzeugt neuronale Netzwerke, die der Struktur des menschlichen Gehirns ähnelt. Der Aufbau eines solchen Netzes wird in drei Schichten gegliedert: der Eingangsschicht (Input Layer), der verborgenen Schicht (Hidden Layer) und der Ausgangsschicht (Output Layer). Hier kommt allerdings die Krux: Denn auch wenn in der Eingangsschicht gewisse Rohdaten verarbeitet werden, ist oft nicht nachvollziehbar, welche „Gedanken“ sich das System in den verborgenen Schichten macht. Gegebenenfalls werden die Informationen weiterverarbeitet oder reduziert – das Resultat erfahren wir dann in der Ausgabeschicht.

Während beim ML in der Regel strukturierte Daten verarbeitet werden und der Verarbeitungsweg mit Merkmalen und Regeln versehen wird – werden beim DL auch unstrukturierte Daten verarbeitet, ohne dass diese mit Eigenschaften gespickt und Anleitung versehen werden müssen. Die Interpretierbarkeit der Ergebnisse ist daher oft unmöglich – ähnlich dem „man kann in einen Menschen nicht hineinsehen“ – auch der Kopf der KI birgt verborgenes. Zudem erfordern die gewaltigen Rechenprozesse äußerst leistungsstarke Computer.

Unser Zutun ist also nicht mehr nötig – das macht die Sache allerdings auch etwas suspekt … denn das System „denkt“ nicht nur allein, sondern handelt auch nach seinem Gusto. Angst oder Faszination? Wir fragen uns, welche Vor- und Nachteile kann uns künstliche Intelligenz bringen.

Vergangenheit, Zukunft & Gegenwart – wie wurde und wie wird KI eingesetzt?

Dass künstliche Intelligenz keine „richtige“ Neuheit ist, haben wir bereits erfahren. Allerdings ist uns auch deren Präsenz oft gar nicht bewusst. Denn ähnlich den technischen Gadgets, die für unser alltägliches Leben längst zum Inventar gehören, leben wir auch mit der KI bereits Seite an Seite. Wer das nicht glaubt, hier einige Beispiele:

  • Gesichtserkennung
    z. B. Entsperren des Smartphones durch die KI oder die Sortierung, der mit dem Smartphone aufgenommen Bilder nach bestimmten Personen

  • Spracherkennung
    Alexa, Siri oder Google informieren uns über das Wetter, Restaurants in der Nähe oder die Öffnungszeiten der ortsansässigen Apotheke, wecken uns nach unseren Vorgaben oder bestellen in regelmäßigen Abständen Haushaltsprodukte

  • Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP)
    z. B. bei der Übersetzung durch den Google-Translator oder der Websuche

  • Verhaltensanalyse und Algorithmen
    darauf basieren sowohl die Ergebnisse von Suchmaschinen als auch die eingespielten Werbeanzeigen in unserem Browser – auch Streaming Anbieter arbeiten damit

  • Erstellen von Prognosen
    z. B. beim Wetter (durch diverse Daten, Statistiken und „Erfahrungswerte“)

  • Filterfunktion
    z. B. beim Erkennen und Löschen von Spam-Mails

  • Autonome Systeme
    z. B. Fahrzeuge, die bei Gefahren selbstständig bremsen, aber auch Software, die Probleme eigenständig erkennt und dieses löst (wie bei High End Storage-Geräten)

  • Chatbots
    z. B. bei Servicehotlines, die einem zuerst durch einen Bot-basierten Dialog weißen, um Daten wie beispielsweise Kundennummer, Bestellnummer oder das Anliegen bereits im Vorfeld einzuholen

  • Mustererkennung
    gehört sowohl in Praxen und Kliniken dazu, um Laborergebnisse auszuwerten und die Auffälligkeiten verschiedenen Krankheiten zuzuweisen als auch in kriminaltechnischen Instituten wie beim Vergleich von Fingerabdrücken

In welchen Bereichen kann KI noch eingesetzt werden?

AutoherstellungBig Data dominiert unsere Welt – wir generieren jede Minute und rund um die Uhr ein enormes Maß davon. Auch wenn wir der Produzent sind: Die Auswertung überfordert unser Gehirn und wäre zudem viel zu zeitintensiv. Daher werden dafür gezielt KI-Systeme verwendet, die die Daten analysieren, auswerten und Prognosen erstellen. Ein großer Vorteil für alle Unternehmen und Branchen, bei denen gigantische Datenmengen anfallen. Denn so können sie gezielt auf die Wünsche, Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden eingehen – auch wenn diese kurzfristig wechseln.

Doch nicht nur für Produkthersteller oder Verkaufsplattformen sind KIs somit interessant, auch das Gesundheitswesen profitiert von dessen Existenz. Dabei geht es nicht nur um das Erkennen von Krankheiten und der Diagnoseerstellung, sondern auch um wiederkehrende Krankheitsmuster, deren Vorbeugung und Heilung. Dazu kommt die Robotik, die Eingriffe millimetergenau durchführen kann und zukünftig vielleicht auch die Nanotechnologie, welche Medikamente gezielt in die bestimmte Körperregion transportieren soll.

Der neue Kollege – eine künstliche Intelligenz?

AndroidKeine Frage – ein quasi unfehlbares System, das nicht müde wird, weder Pausen noch Urlaub benötigt, keine persönlichen Bedürfnisse hat, welche mit dem Job in Einklang gebracht werden müssen und trotzdem schnell und präzise arbeitet, hört sich für die meisten Arbeitgeber sicher äußerst attraktiv an. Beim menschlichen Personal kommt noch dazu, dass deren Ausbildung sehr kosten- und zeitintensiv ist – die Angst der Mitarbeiter, durch eine KI ersetzt zu werden, ist somit doch berechtigt.

Denn KIs können uns Menschen auf allen Ebenen übertrumpfen – vom Arzt bis zum Berater, vom Journalisten über den Servicemitarbeiter bis zum Produktionsleiter. Entscheidungen können schneller und besser getroffen werden, das datenbasierte Geschäftsmodell vergisst nicht, hat stets die aktuellste Statistik parat und sorgt für mehr Effizienz. Ein großer Vorteil im Wettbewerb – menschliche Fehler, ausgeschlossen.

Auch das Thema Datensicherheit ist ein interessanter Aspekt für KI-basierte Systeme – denn diese erkennen die kleinsten Abweichungen in den jeweiligen Prozessen. Kreditkartenbetrüger, Phishing-Mails oder andere Hacking-Methoden können direkt erkannt und abgewehrt werden.

Dazu kommt, dass die KI-Systeme selbstlernend sind und sich konstant weiterentwickeln sollen – schon jetzt erwähnen viele Journalisten oder Blogger zu Beginn ihrer Beiträge, dass dieser nicht aus einer KI-Feder stammt. Oder lassen den ersten Absatz absichtlich von einer künstlichen Intelligenz verfassen, um zu zeigen, wie weit der Fortschritt mittlerweile ist.

Dies wird uns eine enorme Industrialisierungswelle bescheren – revolutionär wie vor ca. 200 Jahren durch den Einsatz der Dampfmaschinen. Aber auch solch technische Meilensteine bringen nicht nur Vorteile. Damals erhöhten sich nicht nur die Verletzungsgefahren, auch die Umwelt litt unter der explodierenden Industrialisierung. Wälder und Wiesen wurden für Fabriken gerodet, Wasser und Luft wurden verschmutzt und dadurch, dass plötzlich jeder in der Stadt leben wollte, kam es wegen mangelnden Wohnraums in den Ballungsgebieten zur Bildung von Armutsvierteln.

Menschen wurden in Klassen geteilt, die Kluft zwischen Elend und Wohlstand glitt exponentiell auseinander. Ernährungslage und Wohnsituation boten ein Bild des Grauens und die Arbeitsbedingungen verschlechterten sich drastisch. Sind das Szenerien, die sich wiederholen könnten?

KI-Dystopie oder Euphorie – Vor- und Nachteile gepaart mit menschlichen Ängsten

Vielleicht – man weiß es nicht. Denn Fakt ist – die Maschine kann uns in vielen Bereichen ersetzen. Neben der Arbeitslosigkeit geht zudem noch die Gefahr ein, dass der Mensch sich zu sehr auf die KI verlässt, faul und nachsichtig wird.

Vor allem für Lehrer und Professoren wird es in Zukunft schwierig sein, Texte und Projekte, die eine KI erstellt hat, von den menschlich-verfassten Varianten zu unterscheiden. Ein gerechtes Bewerten ist so vielleicht nahezu unmöglich. Zudem kann ein niedriger Bildungsstand (Warum sollte man noch lernen?) zu starken sozialen Problemen führen und eine unzufriedene und wenig strukturierte Gesellschaft hervorbringen.

Das größte Problem an bildungsarmen Schichten ist, dass das Individuum oft nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann – somit ist auch das Risiko arbeitslos zu werden, bei Menschen mit geringem Bildungsstand höher. Armut und Kriminalität sind meist vorprogrammiert. Die internationale Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit eines – vor allem rohstoffarmen – Landes ist oft durch viele gebildete Fachkräfte gesichert. Doch wie sieht diese aus, wenn Experten gar nicht mehr benötigt werden?

HandÜberschwappt uns die künstliche Intelligenz und lässt uns Menschen zu einem Einheitsbrei der Unbildung verschwimmen? Was macht uns als Menschen noch aus, wenn die KI unser Handeln, unsere Emotionen und unsere Empathie 1:1 kopieren kann?

Durch Sci-Fi Epen wie „Terminator“, „Matrix“, „Ex Machina“ oder „I, Robot“ haben sich Horrorszenarien in unseren Kopf gepflanzt, in denen künstliche Intelligenz in Form von Robotern die Menschheit dominiert und die Weltherrschaft an sich reißt. Ist diese Angst durch die Bedrohung von hochintelligenten Supermächten berechtigt? Werden auch wir nur noch als Mittel zum Zweck in einer Diktatur der KI dienen?

Steckt dahinter vielleicht auch die Angst der Menschen vor totaler Gleichheit und Überwachung? Denn diese ist ebenso alt wie die Forschung an künstlicher Intelligenz selbst. Der dystopische Roman „1984“, welcher von 1946 bis 1948 von George Orwell verfasst wurde, beschreibt ein all überwachendes System („Großer Bruder“), gigantische Machtstaaten, die sich in einem konstanten Krieg miteinander befinden und einem von harter Arbeit geprägten Leben. Kämpfen wir aktuell vielleicht genau deshalb so um die Anerkennung von Individualität, weil uns bewusst ist, was in Zukunft auf uns zukommen könnte?

Oder ist einfach die menschliche Grundangst vor Veränderung der Auslöser dafür, dass wir KI automatisch mit etwas negativem verknüpfen? Denn mit intelligenten Systemen lässt sich auch viel Schabernack betreiben, dessen Endresultate viel größere, verheerende Folgen mit sich tragen können als aktuelle Angriffe durch Cyberkriminelle.

Und: je mehr Bots, Assistenten und Smart Steuerungen wir in unserem Alltag integriert haben, desto häufiger können wir Angriffen ausgesetzt sein. Die Utopie, dass die Maschine den Mensch in Unterdrückung hält, ist in dem Sinne nicht weit hergeholt – denn es steckt nicht die KI alleine dahinter.

Ob eine Erfindung gut oder schlecht ist, kann man per se nicht sagen – es kommt auf den Anwender an. Denken wir nur an Alfred Nobel, der auf der Suche nach einem sicheren Sprengstoff das für den Krieg entscheidende Dynamit entwickelt hat. Die Verbreitung von Fake-News und Hasstiraden kann durch KI-bearbeitete, absolut echt wirkende Videos und Bilder ins Unermessliche getrieben werden – genauso wie die Spaltung der Gesellschaft.

Und: so einfach wie KIs Spam-Mails erkennen und abwehren können, können sie auch genau für deren Produktion eingesetzt werden. Inspiration für Cyberkriminelle? Auch dies kann die KI liefern – neue, perfide Vorlagen, die einen perfekten Plan für die Umsetzung einer Straftat enthalten, sind vielleicht bald genau so gefragt wie die „#foodinspo“ auf Instagram.

Die dunkle Seite der Macht: der Bing-Chatbot – ein Spiegel unserer Seele?

Kein System war kürzlich so in aller Munde, wie ChatGPT – der Chatbot-Prototyp des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI. Nicht einmal Instagram und Spotify ernteten nach kürzester Zeit so viele Anmeldungen wie das auf der OpenAI-Website zugängliche System. Die absolute Revolution: das Deep-Learning-System, welches auf dem Sprachmodell GPT-3.5 basiert, erhält sein Wissen zudem aus Unterhaltungen.

SteampunkSomit beinhaltet das Super-Brain Unmengen an Gedichten, Internetartikeln, Online-Foren, Büchern, aber auch Texten aus sozialen Medien – und eben das, womit die mehr als 100 Millionen Nutzer die KI tagtäglich füttern. Denn wie wir wissen, zeichnet sich der Mensch auch durch Fehler aus – so sind die Interessen der User oft höchst fraglich.

Mogeln bei schulischen Prüfungen ist ebenso vertreten wie die Äußerung von rassistischen oder sexistischen Diskriminierungen. Und das Netz ist einer der größten Schlachtplätze von Anfeindungen und Hasskommentaren – denn in vermeintliche Anonymität wattiert, fühlen wir uns hinter PC, Smartphone und Tablet sowohl stark als auch sicher. Da die KI-Systeme sich auch „schlechte Vorbilder“ aussuchen können, sind somit „ausfallende Antworten“ möglich – aus diesem Grund wurde z. B. der südkoreanische Chatbot „Lee Luda“ vom Netz genommen..

In den letzten Wochen las man gehäuft von neuen „Pannen“ oder Negativaussagen des Bing-Chatbots – welche teils in einem für eine KI sehr seltsamen Kontext standen. So waren ausfällige Antworten, hochemotionale Reaktionen, das Pochen auf falschen Behauptungen und das Aussprechen von Bedrohungen genauso vertreten, wie dass der Chatbot forderte, der Nutzer solle sich von seinem Partner trennen.

Depression, Angst, Selbstzweifel - die KI befand sich in einer allzu menschlichen „Achterbahn der Gefühle“. Grund dafür sind jedoch laut Aussagen von Microsoft, die „Endlosdialoge“, die manche User mit dem Bot führten. Das über stundenlange Fragenstellen fordere die KI, welche sich noch in der Testphase befindet, zu stark heraus. Antworten würden sich wiederholen, das System fühlt sich „provoziert“ – und wer weiß, mit welchen Informationen und Aussagen die User die KI speisen…

Gerade die Faszination, dass sich hinter dem Bot ein „menschenähnliches Gehirn“ verbirgt, lässt einen wahrscheinlich Fragen formulieren, die wir einem Gegenüber unserer Spezies nicht so einfach stellen würden. So liest man von Usern, die die KI mit Schuld und Trauer „belasten“, oder sie zu unmoralischen und verbotenen Aussagen führen möchten. Echte „Gefühle“ verbergen sich hinter der KI jedoch dabei nicht. Den Nutzern ist es lediglich möglich, die Logik zu verwirren, indem sie eingebaute Hürden überwinden und feststehende Hebel zur Antwortfindung nach Ihren Wünschen umlegen, um das System so zu manipulieren.

Sind es also vielleicht doch nicht die Maschinen, vor denen wir uns fürchten müssen, sondern der Mensch, dessen „Mittel“ immer stärker werden? Seit dem Zeitalter der Medien und unserer eigenen immer und überall währenden Präsenz haben Plattformen wie Instagram, TikTok und Co. die Oberhand über viele Menschen gewonnen.

Unsere Messlatte an „jemand sein“ und „nach etwas aussehen“ hat sich sowohl an uns als auch unser Umfeld ins Unermessliche gestreckt. Weiter, schneller, besser – „fake it, til you make it“ – wer so viel mit sich selbst beschäftigt ist, wer denkt dann noch an andere? Hat sich unsere Gesellschaft zum Negativen entwickelt?

Sind die Pannen des Chatbots nur der Spiegel unserer aus dem Gleichgewicht gekommener menschlicher Seele? Anonymität schürt den Hass im Netz – wir sehen, ein verantwortungsbewusster Umgang im Internet ist nach wie vor existentiell – egal, ob wir mit unseresgleichen oder einem Bot kommunizieren.

Unser Fazit:

KIs können und werden eine große Bereicherung für die Menschheit sein – wichtig ist, den richtigen Umgang damit zu lernen. Es gab in unserer Vergangenheit viele Neuerungen, die auf den ersten Blick Angst und Schrecken auslösten – aber hey, die Erde ist keine Scheibe, wir fallen nicht von ihr, wenn wir uns auf Reisen begeben und auch nach dem Millenniumswechsel („Jahr-2000-Problem“) sind die befürchteten digitalen Katastrophen nicht eingetroffen – wir existieren noch immer – genauso wie die Schattenseiten neuer Innovationen.

GehirnDenn jede Medaille hat zwei Seiten, das gilt natürlich auch für das Internet und KIs. Aber: Manchmal sollten wir uns neben dem Neuen auch auf Ursprüngliches besinnen. 1788 legte der Philosoph Immanuel Kant eine Formel ab, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren hat. Diese lautet: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Oder einfach in dem Sprichwort formuliert: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“

Würden wir mehr nach diesem Prinzip handeln – wäre dies der entscheidende Vorteil für unsere Gesellschaft. In Zukunft sogar noch mehr, da die Systeme, die auf künstlicher Intelligenz basieren, von uns lernen. Jeder weitere User profitiert oder verliert – je nachdem, wie die vorherigen Nutzer mit dem System umgegangen sind.

Wir sehen, sei es in Sachen Umweltschutz, Bildung oder Gesellschaft – wir haben uns die Welt zu untertan gemacht und sind somit mehr und mehr verantwortlich dafür, wie wir sie verlassen und für unsere zukünftigen Generationen sichern. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Werte nicht verlieren – ob online oder offline – Toleranz und Offenheit präsentieren und unsere eigene Intelligenz fördern, statt sich immer auf technische Hilfsmittel zu besinnen. Vielleicht ändert unsere Einstellung ja auch die der KI-Systeme, die wir speisen und entwickelt sich so zum Positiven.

Hinweis: Neben Fakten spiegelt dieser Text auch die Meinung unserer Autorin wider – diese hat selbstverständlich keine Allgemeingültigkeit.

Datum

2. März 2023

Autor

Regina Seisenberger